Besuch des Landeskartellamts

Am 03. Juli 2017 besuchte uns, die beiden Klassen der Industrie -IN51 und IN52 -, Frau Anna Thieme von der Landeskartellbehörde in Nordrhein-Westfalen. Die studierte Juristin ist seit 2014 Referentin in Düsseldorf. Das Landeskartellamt bildet einen Teil des Wirtschaftsministeriums, dessen neuer Wirtschaftsminister, Andreas Pinkwart am heutigen Tage ins Amt eingeführt wurde. Das Landeskartellamt in Nordrhein-Westfalen ist für regionale Fälle des Wettbewerbsrecht verantwortlich, so findet sich in jedem unserer 16 Bundesländer ein zuständiges Kartellamt.

Neben dem Landeskartellamt, gibt es auf Bundesebene noch das Bundeskartellamt mit Sitz in Bonn, welches nicht Teil eines Ministeriums ist, sondern eine eigenständige Behörde bildet. Auf der Landes- und Bundesebene wird das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und aktuelles EU-Recht angewendet. Auf Europaebene, von der Europäischen Kommission hingegen wird ausschließlich das EU-Recht angewendet.

Fusionen, Absprachen und Missbrauch der Marktmacht bilden die drei Säulen des Kartellrechts, welche von den jeweils zuständigen Behörden mithilfe der entsprechenden Gesetze bekämpft werden. Anschließend an die Einführung sammelten wir einige Beispiele, die uns im Zusammenhang mit Kartellen in den Sinn kamen. So kamen wir sofort auf das Fusionsthema von Edeka und Tengelmann zu sprechen. Des Weiteren auf ein ganz aktuelles prominentes Beispiel, nämlich den Missbrauch von Marktmacht im Falle von Google, welche mit 2,42 Milliarden Euro Bußgeld bestraft wurde. Auf Landesebene kamen wir auf eher nicht so bekannte Beispiele zu sprechen, wie das Eiskartell in Tübingen. Dort hatten sich im Laufe eines Sommers, alle Eishändler darauf geeinigt für eine Kugel Eis 1,50€ zu verlangen. Dies ist aber ein wettbewerbswidriges Verhalten und wurde von der Landeskartellbehörde Baden-Württemberg, als unerlaubte Preisabsprache gesehen. In der Regel ist es so, dass sich die Landeskartellämter eher auf kleinere Delikte beschränken, das heißt größtenteils auf Submissionsabsprachen oder auch den Missbrauch von Marktmacht. Die größeren Delikte werden auf Bundesebene untersucht, da sich in solchen Fällen viel mehr Potential und viel mehr kriminelle Energie verbirgt. In vielen Fällen des Landeskartellamts ist es so, dass die betroffenen Unternehmen nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein haben.

Frau Thieme erzählte uns, dass es wichtig sei gerade im Fall von Missbrauch der Marktmacht, zuerst einmal die Marktform zu definieren, in der wir uns in entsprechenden Situationen befinden. Da gibt es zunächst einmal den sachlichen Markt, bezugnehmend zu unserem zuvor genannten Eiskugelkartell, wäre es hier wichtig zu wissen, ob eine Kugel Eis gleichzusetzen ist mit abgepacktem Eis aus dem Supermarkt. Neben dem sachlichen Markt, gilt es auch noch den räumlichen Markt zu bestimmen, ist es möglich bestimmte Güter von A nach B zu transportieren in einem unbegrenzten Zeitraum oder ist es mir nur möglich bestimmte Güter innerhalb von zwei Stunden eine gewisse Kilometeranzahl zu transportieren. Der zeitliche Markt beschränkt sich stattdessen tatsächlich nur auf die Zeit in der wir uns befinden, das heißt zum Beispiel der Markt für Osterhasen oder Weihnachtsbäume existiert nicht 12 Monate lang, sondern erstreckt sich nur über ein paar Monate.

Frau Thieme las uns den ersten Paragraphen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. Voraussetzungen für einen erfüllten Tatbestand, das heißt für eine Aufnahme der Ermittlungen ist zunächst einmal die Führung eines Unternehmens, welches Beschlüsse oder illegale Absprachen getätigt hat. Die mündlichen Absprachen würden in diesem Fall genügen. Im Beispiel des Eiskartells hätte sich ein Beteiligter in der Runde explizit gegen die 1,50€ aussprechen müssen, stillschweigen und mitmachen führte in diesem Fall zu einer Beteiligung am Kartell.  Das Landeskartellamt wird auf verschiedene Weisen auf Kartelle aufmerksam, so gibt es eine Kronzeugenregelung, die dem Zeugen bei kompletter Offenlegung von Informationen über das Kartell, Straffreiheit gewährt. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die zuständige Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen aufruft, die sich in etwa über ein 1 Jahr erstrecken. Diese laufen dann folgendermaßen ab: Zunächst einmal wird aufgrund von Indizien ein Durchsuchungsbefehl beim Amtsgericht erwirkt. Mit diesem Durchsuchungsbefehl, werden dann zeitgleich die beiden betroffenen Unternehmen mit Unterstützung von der Polizei durchsucht. Anschließend gibt es eine Anhörung der beiden Parteien und ein eventuelles Verfahren, welches mit einem Bußgeld beendet wird. Das Bußgeld entspricht etwa 10% des Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens. Im Anschluss daran werden die Unternehmen die einem Kartell zugehörig waren in das sogenannte ‘‘Vergaberegister NRW‘‘ eingetragen, welches die Unternehmen teilweise schlimmer beeinflusst als das eigentliche Bußgeld, da bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf dieses Register zurückgegriffen wird und Unternehmen die dort vorgemerkt sind, nicht gut abschneiden.

Der ganze Vortrag war begleitet von verschiedenen Fragen, die zwischendurch geklärt wurden zum Beispiel wie im Falle Edeka / Tengelmann die Ministererlaubnis. Nachdem das Bundeskartellamt die Fusion der beiden Unternehmen verneint hatte, griff die erteilte Erlaubnis von unserem damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Der positive Effekt dieser Ministererlaubnis ist, dass das Bundeskartellamt rein wettbewerbsbestimmt, eigenständig Entscheidungen treffen kann, in denen zum Beispiel der Erhalt von Arbeitsplätzen nicht mit inbegriffen ist. Bei der Ministererlaubnis hingegen wird die Situation auch aus einem anderen Blickwinkel gesehen, in der eventuell auch verlorengehende Arbeitsplätze eine wichtige Rolle spielen. Die Frage die sich ein jeder in diesem Fall stellen sollte, ist in wieweit das Bundeskartellamt oder auch das Landeskartellamt, als Teil des Wirtschaftsministeriums politisch beeinflusst wird.

Alles in allem war der Besuch von Frau Thieme sehr aufschlussreich und gab uns einen Überblick über die Arbeit der Landeskartellbehörde und auch des Bundeskartellamts. Für die Leute, die zunehmend interessiert in diesem Thema sind, gab es auch noch ein paar Informationsbroschüren zum Mitnehmen. Auch auf diesem Wege bedanken wir uns noch einmal herzlich für die Zeit, die sich Frau Thieme für uns genommen hat.

Vielen Dank auch an Frau Poley, die den Expertenvortrag organisiert hat.

Bericht von Isabel Korn

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