VR, 3D-Druck & Co.pter

Industrie 4.0? Keine Ahnung. Was soll das heißen? So ging es wohl den meisten der Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Informatik der Jahrgangsstufe 13 – bis vor gut einer Woche. Am 16.3. hatten wir den Unterricht an die Hochschule Rhein-Waal verlegt, wo unser erster Besuch im Rahmen einer neu initiierten Kooperation zwischen dem FabLab der Hochschule in Kamp-Lintfort und dem Mercator Berufskolleg in Moers stattfand. Unser ehemaliger Mathe/Informatik-Schüler Andreas Markwart ist dort Studierender, und kurz vor seiner Bachelor-Arbeit auch mit Herz und Seele Mitarbeiter des FabLab, ein neu eröffnetes Labor zur Untersuchung der Fabrikation verschiedenster Dinge mit Hilfe des Computers. Reale Dinge, wohlgemerkt. Etwas zum Anfassen. Und was uns in Kamp-Lintfort erwartete, hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen.

Zunächst führte Andreas uns an die ‚großen‘ Maschinen: Fräsen für die computergesteuerte Umsetzung eines digitalen Modells in ein reales Material wie Holz oder Styropor. Unterdruck-Pressen, die dicke Holzplatten durch Hitze und eine angesaugte Plastikabdeckung in die Form eines Longboards biegen können. Ein 3D-Drucker, der Objekte bis zu einem Volumen von einem Kubikmeter drucken kann.
Danach ging es zu den kleineren Maschinen. Drei verschiedene Techniken von 3D-Druckern werden hier getestet, vom do-it-yourself-Kit bis zur hochauflösenden Profi-Maschine. Konnte man bei einem noch die ‚Druckpixel‘ sehen, also kleinste Plastiktropfen, die aufeinander geschmolzen wurden, war es bei den Profis bereits möglich, eine für das bloße Auge glatte Kugeloberfläche zu drucken, in deren Innern sich sogar weitere, losgelöste Teile befanden. Wie sind die gedruckt worden? Wie sind sie hineingekommen?
Andreas klärte uns auf: „Hier gibt es zwei Komponenten des Materials. Die eine lässt das Modell entstehen, und die andere ist wasserlöslich, dient zunächst nur zur Stütze beim Drucken. Nach zwei Tagen Wasserbad ist das Stützmaterial komplett aufgelöst.“ Zauberei.
Ein weiterer Automat schnitt mit einem 60-Watt-Laser Pappe, Acrylglas oder Holzplatten in Teile, die danach zu einem tragfähigen 3D-Modell zusammengesetzt werden konnten. Vollautomatisch. Modelliert wird auch hierbei nur das digitale Modell im Com­puter. Teile und Verbin­dungs­mechanik berechnet ein Programm. So kann in wenigen Arbeits­schritten die Kuppel des Reichstages aus Pappe nachgebildet werden.
Weitere Stationen waren der Druck von Plastik auf Textilien, aber auch die Anfertigung von Platinen und Steuereinheiten, um dem Design von Stoffen bzw. Kleidung eine elektrische Komponente mit blinkenden Dioden oder ähnlichem hinzuzufügen. „Cyberware“, meinten die Schüler. Zumindest der Weg dahin.

Ziel dieser einfachen Fabrikation von Dingen ist ein schnelles Prototyping, eine sofortige Rückmeldung an den Designer, ob etwas in der Praxis funktioniert und/oder gut aussieht. Ein an einem günstig erstellten Modell früh erkannter Fehler kann die Entwicklung von Produkten ungemein beschleunigen und die Kosten dafür geringhalten. Genau das interessiert natürlich auch die Schüler unseres Wirtschaftsgymnasiums, die viele betriebswirtschaftliche Aspekte bereits in der Schulzeit kennenlernen.

Aber genug zugeschaut – jetzt wird eingetaucht! Zur realen Welt gehört natürlich auch, untrennbar, die virtuelle Realität. Also VR-Brille auf, Controller in die Hände, und rein in die Zirkuswelt mit Budenzauber wie Bälle werfen, Ballonstechen oder Brandpfeile mit dem Bogen schießen. Diese immersive Erfahrung kann man nicht beschreiben, daher durfte jeder selbst probieren.
Mit der VR-Brille konnten die Schüler aber auch eine Mini-Drohne begleiten, auf deren Rücken eine winzige Kamera befestigt war, die live-Bilder zurücksendete. Von Andreas gebaut und gesteuert, sahen wir nun die Halle der Universität aus der rasend-schnellen (!) Vogelperspektive. Diese Erfahrung übertraf das zuvor gezeigte Video eines ebenfalls in Rhein-Waal mitentwickelten Drohnenprototyps, der bis zu 700 kg tragen können soll, bei weitem.

Abschließend bekamen wir noch einen kleinen Einblick in die tägliche Arbeit mit dem Arduino-Minicomputer, der die einfache Interaktion mit Sensoren und Schnittstellen für die Steuerung von Dioden oder Motoren ermöglicht. Die Schüler haben sich hier praktische Tipps für den Einstieg geholt – von jemandem, der das ganze „nicht an der Uni gelernt, sondern sich über das Internet angeeignet hat“. Und genau das müssen sie ja heutzutage lernen.

Industrie 4.0? Jetzt ist alles sonnenklar. Die Lebenswirklichkeit der Schüler, wie sie in einigen Jahren sicher sein wird, praktisch erklärt. Drei Stunden ohne jegliche Langeweile, und die Zukunft war greifbar. Virtuelles Design, dann Eigenproduktion, Test und Verbesserung, Produktion, und schließlich der Verkauf. Handwerkszeug für die Informatiker, Designer, Betriebswirte oder Erfinder von morgen. Einen sinnvolleren Ausflug vor dem anstehenden Abitur der 13er konnten wir kaum durchführen, denn aus dieser Perspektive wirkt die Zukunft rosarot, und man will sie nur zu gerne mitgestalten.

Ein ehrliches „Danke!“ sagten die etwas erschöpften Schüler nicht nur ihrem Vorgänger im Mathe/Informatikkurs, Andreas Markwart. Wir als Schule danken u.a. Herrn Prof. Dr. Karsten Nebe und seinem Team von der Hochschule Rhein-Waal für die offenen Angebote, die wir auch in Zukunft – vielleicht in Form kleiner Projekte – gerne nutzen werden.

Stefan Böger, Lehrer für Informatik und Mathematik am Mercator Berufskolleg.

 

 

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